ÖMT-Herbsttagung 2008
Der ÖMT - Verband Österreichischer Museums- und Touristikbahnen lud von 31. Oktober bis 2. November 2008 zu seiner diesjährigen Herbsttagung nach Puchberg am Schneeberg. Am Fuße des mächtigen Schneebergmassivs, in etwa 80 km Entfernung von Wien, zählt der heilklimatische Luftkurort zu einem der führenden Tourismusorte in Niederösterreich. Der Stellenwert des Schneebergs als eines der wichtigsten Trinkwasserversorgungsgebiete der Stadt Wien, mit den entsprechenden Auflagen zum Schutz dieses kostbaren Gutes, bescherte der Region auch die Entwicklung eines sanften Tourismus. Als Gastgeber firmierte die Niederösterreichische Schneebergbahn GmbH, seit nunmehr 11 Jahren Betreiber der Zahnradbahn Puchberg - Hochschneeberg. Das Rahmenprogramm am Sonntag gestaltete die Österreichische Gesellschaft für Lokalbahnen mit einem Besuch der Höllentalbahn Payerbach-Reichenau – Hirschwang. Für das Vortragsprogramm stand der Landgasthof Hausmann im Zentrum von Puchberg gelegen, zur Verfügung der im Anschluss an das Arbeitsprogramm auch die Gelegenheit zu Fachgesprächen in gemütlicher Atmosphäre zum Ausklang des Tages bot. 16 ÖMT-Mitgliedsorganisationen entsandten insgesamt 36 Repräsentanten und zahlreiche Kooperationspartner und Gäste folgten der Einladung. Bereits in den späten Vormittagsstunden trafen die ersten Teilnehmer ein, um nach dem Bezug der Zimmer beim Mittagessen die ersten Kontakte zu knüpfen.
Nach dem Mittagessen erfolgte die Eröffnung der Tagung durch den Verbandsvorsitzenden des ÖMT, Herrn Alfred Fleissner, der seine Freude über das große Interesse an dieser Veranstaltung zum Ausdruck brachte. Er begrüßte die zahlreich erschienenen Teilnehmer und dankte dem Geschäftsführer der NÖSBB, Herrn Dr. Gerhard Stindl für die Einladung, sowie die Beistellung der erforderlichen Präsentationsmittel für das Vortragsprogramm. Organisatorische Hinweise zum Tagungsablauf und Rahmenprogramm gab Verbandssekretär Dr. Werner Schiendl, der gemeinsam mit Ing. Harald Baminger für die Vorbereitung und Organisation der ÖMT-Herbsttagung 2008 verantwortlich zeichnete.
Betriebsalltag
der Schneebergbahn mit modernem Salamander-Dieseltriebzug unterhalb der
Station Baumgartner. Foto: Ing. Harald Baminger |
Herr Dr. Gerhard Stindl gab in seinem Vortrag einen Überblick über die Geschichte der Schneebergbahn und deren Wandel in den nunmehr 111 Jahren ihres Bestandes. Auf einer Streckenlänge von 9,85 km überwindet die meterspurige, mit dem Zahnstangensystem Abt ausgerüstete, Bahn bei einer größten Steigung von 197 ‰ einen Höhenunterschied von 1219 m. Seit 1. Jänner 1997 wird der Betrieb nicht mehr von den ÖBB, sondern durch die NÖSBB - Niederösterreichische Schneebergbahn GmbH geführt, deren Anteilseigner jeweils zur Hälfte die ÖBB und die NÖVOG darstellen. Die Schieneninfrastruktur verblieb vorerst im Bestand der ÖBB, die Gebäude und der gesamte Verkehrsbetrieb wurden jedoch der neuen Gesellschaft übertragen. Während dieser Zeitspanne konnten etwa 10 Mio. Euro in die Beschaffung neuer Züge und in die Erneuerung der Anlagen, insbesondere dem Neubau der Werkstätte in Puchberg, investiert werden. Die modernen, im Jahre 1999 beschafften, Salamander-Dieseltriebzüge entwickelten sich zum Markenzeichen der Bahn und gestatten einen rationellen Betriebsablauf. Doch auch die Tradition kommt auf der Schneebergbahn nicht zu kurz, denn Dampfbetrieb an den Wochenenden im Sommer gehört ebenso zum Betriebsalltag. Zu diesem Zweck werden zwei originale Dampfloks betriebsfähig erhalten und von den alten Vorstellwagen konnte eine Garnitur sogar im Ursprungszustand von 1897 rekonstruiert werden.
Am
Hohen Damm oberhalb der Station Baumgartner dampft die 999.05 mit den
Kaiserin-Elisabeth-Nostalgiewaggons der Bergstation entgegen. |
Die nicht mehr benötigten Fahrzeuge dienen nunmehr als Ersatzteilspender und befinden sich in der alten Wagenhalle in Puchberg. Die früher am Bahnhof als Denkmal aufgestellte ehemalige Schafbergbahnlok 999.101 wurde der Salzkammergutbahn übereignet und fährt heute wieder, grundlegend erneuert und an den Ursprungszustand angeglichen, als Z1 auf ihrer einstigen Stammstrecke. Ihr werden zwei Vorstellwagen folgen und künftig den Fahrpark der Schafbergbahn verstärken. Durch die vorgenommenen Rationalisierungsmaßnahmen, insbesondere der Abkehr vom ausschließlichen Dampfbetrieb und den flexiblen Einsatz des Personals, konnte der Mitarbeiterstand von einstmals 67 zu Staatsbahnzeiten auf nunmehr 20 Personen gesenkt werden, die in der Sommersaison durch Aushilfskräfte Verstärkung erfahren. Im Jahre 2005 wurde die Angebotspalette durch die Inbetriebnahme der Salamander-Sesselbahn in Losenheim erweitert, an der die NÖSBB zu über 70 % Anteilseigner ist. Dies gestattet auch eine jahresdurchgängige Auslastung der Mitarbeiter, durch den Einsatz auf der zwar ganzjährig betriebenen aber überwiegend auf den Winterbetrieb ausgerichteten Sesselbahn. Herausragendste Investition der jüngsten Geschichte ist zweifellos der Neubau des Bahnhofs Hochschneeberg in unmittelbarer Nähe des gleichnamigen Berghotels, der den Fahrgästen auch ausreichenden Schutz bei dem für seine Wetterkapriolen berüchtigten höchsten Berg Niederösterreichs bietet. Dr. Stindl unterstrich in seinen Ausführungen die Verbundenheit der NÖSBB mit der Region, die Zusammenarbeit mit lokalen Touristikanbietern um das Konzept „Salamander“ mit Zahnradbahn und Sesselbahn entsprechend zu vermarkten. In einer abschließenden Fotodokumentation über den Neubau des Bergbahnhofs, der unter anderem die Verlängerung der Strecke und die Bewegung erheblicher Felsmassen erforderte, wurden die Beanspruchungen von Mannschaft, Maschinen und Material durch Wind und Wetter anschaulich präsentiert.
Die anschließenden Fachvorträge beschäftigten sich mit folgenden Themen:
Unter dem Titel „Das Regionalbahnkonzept der ÖBB - Weg vom Zusperrkurs“ referierte Ing. Reinhard Sieber von der ÖBB-Infrastruktur Bau AG über die Zielsetzung der ÖBB beim künftigen Betrieb des Schienennetzes, sowie über die effiziente Erbringung von Verkehrsdienstleistungen und mögliche Nachnutzung der Schieneninfrastruktur von nicht mehr bedienten Strecken.
Ing.
Reinhard Sieber bei seinem Vortrag im Saal des Landgasthofs Hausmann. Foto: Ing. Josef Sabor |
Herr Ing. Harald Baminger vom Verband der Eisenbahnfreunde informierte in seinem Vortrag über Grundzüge des Regelwerks „Kesselgesetz“ mit den einzelnen Verordnungen, denn am 4. November 2004 trat die „Druckgeräte Überwachungsverordnung - DGÜW-V“ als letzte noch ausständige Verordnung zum bereits 1992 erlassenen Kesselgesetz in Kraft. Spätestens innerhalb von 5 Jahren ab deren Inkrafttreten sind alle zu einem Weiterbetrieb über diesen Stichtag vorgesehenen Druckgeräte ausschließlich gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung zu überwachen. Damit werden die auf die Überwachung von Kesseln und Druckbehältern bezogenen Bestimmungen der alten DKV endgültig abgelöst. Die Anwendung der Bestimmungen der DGÜW-V auf Dampflokomotiven erfuhr dabei eingehende Betrachtung, wobei ein Erfahrungsaustausch den Abschluss des Vortrages bildete.
Ein weiterer Programmpunkt sah die Behandlung verbandsinterner Themen vor und als Abendunterhaltung gestaltete Ing. Hans Georg Prix von den Nostalgiebahnen in Kärnten einen Diavortrag. Unter dem Titel „Der ökonomische Transport“ zeigte er einen repräsentativen Querschnitt aus vier Jahrzehnten Rettung historischer Schienenfahrzeuge und Einrichtungen unter Anwendung sparsamster technischer Ressourcen. Mit einem Erfahrungsaustausch der Mitgliedsorganisationen mit angeregten Diskussionen in fachspezifischen Gruppen klang der erste Tag aus.
Am Beginn des zweiten Tages referierte der Betriebsleiter der Höllentalbahn, Herr Ing. Wolfgang Thier, über die Geschichte der Lokalbahn Payerbach - Hirschwang, die seit 1977 als Höllentalbahn von der ÖGLB als erste Museumsbahn Niederösterreichs betrieben wird. Mit einer Spurweite von 760 mm verbindet die elektrische Bahn auf einer Streckenlänge von 5 Kilometer den Bahnhof Payerbach-Reichenau an der Semmeringbahn mit Hirschwang am Fuße der Rax.
Herr Ing. Eduard Erhart vom Verein Erzbergbahn stellte in seinem Vortrag „Mit Volldampf auf den Präbichl“ das Projekt der Wiedererrichtung der Zahnstange auf der Erzbergbahn und den Betrieb mit Zahnrad-Dampflokomotiven vor. Die bereits heute bestehende Kooperation Abenteuer Erzberg + Bahn, sowie Anschlussprogramme für ÖBB-Sonderzüge sorgen teilweise für einen Besucherandrang, der mit dem bestehendem Fahrpark nur mehr ohne Reserven abgewickelt werden kann. Die in den letzten Jahren erstellte Machbarkeitstudie beleuchtet nicht nur finanzielle Belange, sondern auch betriebliche und bauliche Maßnahmen, sowie die Verfügbarkeit noch vorhandener Originalfahrzeuge des einstigen Zahnradbahnbetriebes.
Zum Thema „Sicherheitsaspekte bei Betrieb und Instandhaltung von Museums- und Touristikbahnen“ konnten die Herren Dipl. Ing. Andreas Juhasz und Mag. Gerold Markgraf von Juhasz&Markgraf VerkehrsConsulting OEG als Referenten gewonnen werden. Die unterschiedlichen Anforderungen für Museumsbahnen bezüglich rechtlicher Aspekte, regelmäßiger Untersuchungen, Sicherheitsmanagementsystem und Untersuchungen gemäß ÖBB-Instandhaltungsplan, sowie der Pflichten der Betreiber wurden entsprechend den unterschiedlichen Betriebsformen abgehandelt. Die Vorstellung einer neuen Einrichtung zum Schutz von Eisenbahnkreuzungen, mittels fernbedienbaren umschaltbaren Verkehrszeichen, bildete den Abschluss des Referats.
Unter
der Leitung von Dr. Gerhard Stindl, dem Geschäftsführer der NÖSBB,
erfolgte die Besichtigung der Werkstätte der Schneebergbahn in Puchberg. Foto: Ing. Josef Sabor |
Im Anschluss an das Vortragsprogramm begaben sich die Teilnehmer zum Bahnhof, dessen Aufnahmsgebäude die NÖSBB von den ÖBB erworben hat und entsprechend den geänderten Anforderungen umgestaltet wurde. Herr Dr. Stindl führte durch die Werkstätten, wo neben den beiden zur Inspektion vorbereiteten Dampflokomotiven auch ein in Revision befindlicher Salamander-Triebkopf Einblicke in dessen Innenleben gestattete. Die Reservegarnitur mit den beiden Mitte der 1980er-Jahre von der Firma Knotz gebauten Vorstellwagen wird derzeit im Salamander-Design umgestaltet um auch farblich beim Einsatz mit dem Reserve-Triebkopf ein harmonisches Bild zu geben. Im letzten Sonnenlicht erfolgte die Fahrt im Salamander-Triebzug bis zur Ausweiche Hoher Hengst, die in diesem Jahr eine Gleisneulage erfuhr und mit automatischen Weichen ausgerüstet wurde. In dieser Form stellt sie eine absolute Novität auf Österreichs Zahnradbahnen dar. Auf der Rückfahrt erfolgte ein Zwischenhalt an der Hengsthütte, wohin sich die Teilnehmer zum Abendessen zu regionalen Spezialitäten in rustikaler Atmosphäre begaben.
Der
Salamander-Triebzug in der Ausweiche Hoher Hengst am 1. November 2008. Die
Teilnehmer begeben sich zur Besichtigung der neuen automatischen
Weichenanlage. Auch der schwere Oberbau mit S49-Schienenprofilen auf
Stahlschwellen erweckt allgemeines Interesse. Foto: Ing. Harald Baminger |
Nach der Talfahrt und einem abendlichen Spaziergang durch Puchberg fanden sich die Teilnehmer im Landgasthof Hausmann zum letzten Programmpunkt, der Diskussionsrunde „175 Jahre Eisenbahn in Österreich“ ein. In einer Vorschau auf das Jubiläumsjahr 2012 wurde eine mögliche Beteiligung der ÖMT-Mitgliedsorganisationen behandelt. Zum Zweck der Detailplanung wurde der ÖMT-Arbeitskreis „Jubiläum 175 Jahre Eisenbahn in Österreich“ eingerichtet und Herr Rupert Gansterer zum Arbeitskreisleiter gewählt. Dessen Aufgabe besteht darin das in Österreich vorhandene Potential an historischen Fahrbetriebsmitteln zu erfassen, die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Aufarbeitung und Wiederinbetriebnahme zu untersuchen, sowie Konzepte für Aufarbeitung, Einsatz und weiterer Nutzung zu erarbeiten. Dies bildet die Ausgangsbasis für eine fruchtbare Zusammenarbeit mit den ÖBB zur attraktiven Gestaltung des bevorstehenden Jubiläums „175 Eisenbahn in Österreich“. Es erging die Einladung an alle ÖMT-Mitgliedsorganisationen, ihre Repräsentanten zur Mitarbeit in diesen Arbeitskreis zu entsenden.
Das Fachvortragsprogramm der ÖMT-Herbsttagung wurde vom Verbandsvorsitzenden Herrn Alfred Fleissner mit den besten Wünschen für eine erholsame Winterpause geschlossen. Er bedankte sich bei den Mitgliedern des Vorstandes für die geleistete Arbeit im abgelaufenen Jahr und bei den Referenten für die Gestaltung des Vortragsprogramms der Herbsttagung. Danach klang der Abend beim gemütlichen Beisammensein aus.
In
der Endstation Hirschwang präsentiert sich der Triebwagen 1 mit dem
Beiwagen 21 vor der mächtigen Rax. Foto: Ing. Josef Sabor |
Am Sonntag um 9:00 Uhr erfolgte in Fahrgemeinschaften die Abfahrt nach Hirschwang zur Höllentalbahn. In der Remise Hirschwang erfolgte die Begrüßung durch den Betriebsleiter der Höllentalbahn Ing. Wolfgang Thier, und dessen Mitarbeiter. Nach Besichtigung der Remise mit der historischen Werkstätte und des Fahrzeugparks begaben sich die Teilnehmer zur Einstiegstelle der Museumsbahn wo bereits der Triebwagen 1 mit Beiwagen 21 wartete. Die Rekonstruktion des Triebwagens 1 war ja Thema eines Fachvortrages von Herrn Dipl.-Ing. Ronald Durstmüller von der ÖGLB, anlässlich der ÖMT-Herbsttagung 2007. Bei der anschließenden Fahrt nach Payerbach konnte man sich von der Qualität der geleisteten Arbeit überzeugen.
Die
Teilnehmer lauschen vor dem Umformer im Bahnhofsgebäude von Reichenau den
Ausführungen von Ing. Wolfgang Thier. Foto: Ing. Josef Sabor |
Neben einigen Fotohalten in herbstlicher Umgebung erfolgte in Reichenau ein kurzer Zwischenhalt zur Besichtigung der Stromversorgungsanlagen mit der historischen Umformerstation. In Payerbach Lokalbahn lud das Bahnhofsbuffet zu einem Imbiss in der Herbstsonne ein. Nach der Ankunft in Hirschwang begaben sich die Teilnehmer zum Mittagessen in den Gasthof Hirschwangerhof und ließen die ÖMT-Herbsttagung 2008 ausklingen.
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Der
Bahnhof Payerbach Lokalbahn mit dem im Haltestellengebäude
untergebrachten Buffet. |